Leonard Gohlke
23. September 2025
Die Zahlen sind schockierend: Nur noch 9 Prozent der deutschen Arbeitnehmenden fühlen sich emotional mit ihrem Unternehmen verbunden – ein historischer Tiefstand. Gleichzeitig erreicht die Zahl derer, die nur noch Dienst nach Vorschrift machen, mit 78 Prozent einen neuen Rekordwert. Das zeigt der aktuelle Gallup Engagement Index Deutschland 2024, für den 1.700 Arbeitnehmende repräsentativ befragt wurden.
Was diese Gleichgültigkeit kostet, ist atemberaubend: Zwischen 113 und 135 Milliarden Euro gehen der deutschen Wirtschaft jährlich durch Produktivitätsverluste verloren, das entspricht etwa vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Zum Vergleich: Die viel diskutierte Bürokratie kostet "nur" 67 Milliarden Euro pro Jahr.
In einem 100-Personen-Unternehmen bedeutet das: 78 Mitarbeitende arbeiten im Autopilot-Modus, nur 9 sind wirklich engagiert. Der Rest? Hat bereits innerlich die Koffer gepackt.
Seit Jahren reiht sich eine Krise an die nächste – Politik und Wirtschaft sind im permanenten Krisenmodus. Die Konjunktur stottert, Auftragsbücher sind nicht gefüllt, der Export schwächelt. Doch das allein erklärt nicht die dramatische Entwicklung.
Die wahren Quiet Quitting-Treiber:
1. Vertrauensverfall in die Führung Nur 21 Prozent vertrauen ihrer Führungskraft, ein Einbruch um 20 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr. Wenn Mitarbeitende nicht mehr an ihre Chefs glauben, schalten sie auf Durchzug.
2. Mangelnde Wertschätzung Der moderne Arbeitnehmende will mehr als nur ein Gehalt. Er will gesehen, gehört und geschätzt werden. Doch stattdessen erleben viele: Überstunden werden erwartet, Erfolge nicht gewürdigt, Ideen ignoriert.
3. Fehlende Perspektiven Nur 34 Prozent sehen sich in drei Jahren noch bei ihrem aktuellen Arbeitgeber – 2018 waren es noch 65 Prozent. Warum sich anstrengen, wenn es eh keine Zukunft gibt?
4. Work-Life-Balance im freien Fall Die Generation zwischen 25 und 45 Jahren – die Leistungsträger von heute – hat erlebt, wie ihre Eltern sich für den Job aufgeopfert haben. Ihr Fazit: „Das mache ich nicht mit."
Besonders die Generation Z und jüngere Millennials neigen zum Quiet Quitting. Sie haben die Risiken von Überarbeitung, Burnout und Stress hautnah miterlebt – bei ihren Eltern, Freunden oder sich selbst.
Was die junge Generation wirklich will:
Hier kommt die gute Nachricht: Quiet Quitting ist nicht unvermeidlich. Unternehmen, die ihre Benefit-Strategie richtig aufstellen, können die Trendwende schaffen.
„Wir haben doch eine Kantine und zahlen die BVG-Karte!" – mit solchen Standard-Angeboten lockt heute niemand mehr aus der Reserve. Über 70 Prozent nutzen standardisierte Angebote wie Fitnessstudio-Kooperationen nicht oder nur selten, da sie nicht zu ihren individuellen Bedürfnissen passen.
Die neue Benefits-Formel gegen Quiet Quitting:
Flexibilität + Individualisierung + Steuervorteile = Echte Wertschätzung
Statt allen dasselbe anzubieten, erhalten Mitarbeitende ein monatliches Benefits-Budget (z.B. 50-150 Euro), das sie für ihre persönlichen Bedürfnisse einsetzen können:
Lisa, 28, Marketing-Managerin: Nutzt ihr Budget für Online-Coaching gegen Stress und einen Premium-Spotify-Account für entspannte Heimfahrten.
Thomas, 42, Teamleiter mit zwei Kindern: Wählt Kita-Zuschüsse und lässt sich ein E-Bike leasen für mehr Bewegung im Alltag.
Sandra, 35, Buchhalterin im Homeoffice: Investiert in ergonomische Büroausstattung und gesunde Meal-Prep-Services.
Markus, 29, Entwickler: Nutzt das Budget für Weiterbildungs-Kurse und Gaming-Equipment für die Mittagspause.
Warum individualisierte Benefits gegen Quiet Quitting wirken:
1. Selbstwirksamkeit stärken Wer selbst entscheidet, fühlt sich nicht mehr fremdbestimmt. Das Gefühl der Kontrolle ist ein mächtiger Motivator gegen die innere Kündigung.
2. Wertschätzung spürbar machen
Ein individuell wählbarer Benefit sagt: „Du bist uns wichtig als Mensch – nicht nur als Arbeitskraft." Diese emotionale Bindung ist Quiet Quitting-Gift.
3. Fairness neu definieren Jeder bekommt dasselbe Budget, kann es aber nach seinen Prioritäten nutzen. Das eliminiert den „Neid-Faktor" klassischer Benefits.
4. Lebensphasen respektieren Was der 25-Jährige braucht, unterscheidet sich vom 50-Jährigen. Flexible Benefits wachsen mit den Mitarbeitenden mit.
Die 5 teuersten Benefits-Fehler:
1. Geldwerter Vorteil falsch berechnet Bei Sachleistungen ist der Verkaufspreis entscheidend, nicht der Einkaufspreis des Unternehmens.
2. 50-Euro-Grenze übersehen Pro Mitarbeitendem und Monat sind nur 50 Euro als Sachbezug völlig steuerfrei. Darüber wird's kompliziert.
3. Gleichbehandlungsgrundsatz missachtet Benefits müssen allen Mitarbeitenden gleich zugänglich sein – sonst drohen arbeitsrechtliche Probleme.
4. Dokumentation vernachlässigt Jede Benefits-Transaktion muss belegbar sein. Bei Betriebsprüfungen wird das peinlich genau kontrolliert.
5. Private Nutzung nicht klar definiert Besonders bei Mobilitäts-Benefits muss glasklar sein: Was ist beruflich, was privat?
Die Zahlen lügen nicht: Deutschland steckt in der größten Motivationskrise seit Jahrzehnten. 78 Prozent Dienst nach Vorschrift, 135 Milliarden Euro Verlust, historisch niedrige Mitarbeiterbindung. Das sind die Symptome einer Arbeitswelt, die ihre Menschen verloren hat.
Benefits Einführen in drei Schritten:
✅ Hören Sie hin: Was brauchen Ihre Menschen wirklich? (Spoiler: Es ist nicht das dritte Fitnessstudio-Angebot)
✅ Denken Sie individuell: Ein Budget, tausend Möglichkeiten. Lassen Sie Mitarbeitende selbst entscheiden.
✅ Messen Sie den Erfolg: Weniger Quiet Quitting bedeutet mehr Produktivität, Innovation und Profit.
Jeder Tag ohne Benefits-Strategie kostet Geld. In einem 100-Personen-Unternehmen sind das täglich etwa 3.700 Euro Produktivitätsverlust durch unmotivierte Mitarbeitende. Aufs Jahr gerechnet: 1,35 Millionen Euro.
Die Frage ist nicht, ob sich Benefits-Programme lohnen. Die Frage ist: Können Sie sich leisten, noch länger zu warten?
Quiet Quitting ist gestoppbar. Benefits sind die Lösung. Die Zeit zum Handeln ist jetzt.
Weiterführende Artikel auf emplu.de:
Quellen und weiterführende Informationen: